Ratlos nach dem Schulabschluss? Ein Freiwilligendienst bringt Orientierungshilfe

Acht junge, gut gelaunte Menschen balancieren auf einem Klettergerüst an einem Spielplatz in der Sonne.

 

Die Schule ist vorbei und die ganz Welt steht dir offen. So die romantische Vorstellung. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen fühlt sich nicht auf die berufliche Zukunft vorbereitet. Ihnen fehlt Orientierung. Was mit sich und dem Leben anfangen? Eine Option: zunächst ein Freiwilligendienst.

„Viele haben nach der Schule genug vom Büffeln und wollen erstmal was Praktisches machen“, berichtet Annalena Krischer, Koordinatorin Freiwilligendienste beim AWO Landesverband Bayern. Hinzu komme die Unsicherheit, welcher Berufsweg der richtige ist. Was kann ich gut, was ist mir wichtig? Ein Freiwilligendienst bietet die Möglichkeit, mehr über das Arbeitsleben, aber auch über eigene Wünsche und Fähigkeiten zu erfahren und sich weiterzuentwickeln, gerade im Hinblick auf soziale Kompetenzen.
 
Seine eigene Komfortzone verlassen


Jessica Hofmeier (16), die gerade ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an der Offenen Ganztagsschule der AWO in Poing verbringt, sieht das genauso: „Ich würde anderen den Freiwilligendienst empfehlen, da man während dieser Zeit mehr über sich selbst herausfindet und seine eigene Komfortzone verlässt.“ Für Lukas Reitmeier (19) ist der Bundesfreiwilligendienst (BFD) im AWO-Begegnungszentrum am Reinmarplatz in München eine der wichtigsten Erfahrungen seines bisherigen Lebens: „Innerhalb des letzten halben Jahres habe ich gelernt eigenständiger und selbstbewusster zu sein, besonders beim Arbeiten mit Menschen. Ich nehme für mein berufliches wie auch privates Leben die Fähigkeit mit, offen mit beinah jedem zu kommunizieren.“

Freiwilligendienst vs. Praktikum

Warum aber nicht einfach ein Praktikum? „Das Besondere beim Freiwilligendienst ist die enge pädagogische Begleitung“, betont Krischer. Nicht nur in den Einsatzstellen haben die Freiwilligen fachliche Praxisleitungen, sondern es gibt feste Seminartage bei der AWO Bayern. „In unseren Seminaren geht es viel um Praxisreflexion. Wie läuft es im Team? Was gibt es für Schwierigkeiten? Wie bekommt man die richtige Mischung von Nähe und Distanz hin?“ Gut kämen Möglichkeiten an, selbst zu erfahren, wie Klient*innen die Umwelt erleben, etwa über so genannte Alterssimulationsanzüge. Aber auch aktuelle Themen, die den Jugendlichen unter den Nägeln brennen, werden diskutiert. Krischer: „Besonders Nachhaltigkeitsthemen interessieren die jungen Leute, aber auch Diversität und Rassismus“.

Etwas für andere Menschen tun

Zudem bietet ein Freiwilligendienst mit seiner Dauer von mindestens sechs Monaten einen wesentlich tieferen Einblick als die meisten Praktika. Es gibt Urlaubstage, ein Taschengeld, die Einsatzstelle zahlt in die Sozialversicherung ein. Entscheidend ist die Erfahrung, etwas für andere Menschen zu tun und deren Dankbarkeit zu erleben. Die Freiwilligen unterstützen die Fachkräfte, indem sie im Seniorenheim zum Beispiel Betten machen, beim Essen helfen oder Freizeitaktivitäten wie gemeinsames Singen oder Erinnerungsspiele organisieren. In der Kita basteln sie mit den Kindern, bereiten Frühstück vor, wechseln Windeln oder begleiten bei Ausflügen. „Wenn man mit Kindern zusammenarbeitet, wird es nie langweilig. Ich freue mich jeden Tag in die Arbeit zu fahren, da Kinder einem so viel geben. Das war mir vor meinem Freiwilligendienst nicht bewusst. Sollte ich einen schlechten Tag haben, schaffen es die Kinder mit Kleinigkeiten mich wieder zum Lachen zu bringen“, erzählt Laura Wastian (19) von ihrem FSJ im AWO Waldhort „Outback“ in Hohenbrunn.

Ein Job fürs Leben?

Ein Freiwilligendienst ist eine Win-win-win-Situation: Die Einsatzstelle hat Unterstützung, die Jugendliche erhalten Orientierung, die gesamte Gesellschaft profitiert vom Einsatz der jungen Menschen. Doch wie geht es weiter? „Wir haben leider keine Zahlen, aber ich kenne einige, die zum Beispiel eine Erzieher*innenausbildung machen, soziale Arbeit studieren oder sich fürs Lehramt entscheiden“, berichtet Krischer. Zum Beispiel Alexander Lüttge (26), der vor sechs Jahren sein FSJ bei der AWO Schulsozialarbeit in Bayreuth absolviert hat und nun Lehrer wird. Der Freiwilligendienst: Sicher kein Allheilmittel gegen den Fachkräftemangel, aber ein wichtiger Baustein, um junge Menschen auf ihrem Lebensweg zu stärken und ihnen möglicherweise einen Job fürs Leben näher zu bringen.

→ Du möchtest gerne einen Freiwilligendienst machen oder kennst jemanden, für den ein FSJ oder BFD interessant wäre? Dann informiere Dich unter awo-freiwilligendienste-bayern.de.


Text: Christa Landsberger