AWO Bayern zum heutigen Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut: „Armutsgefährdete nicht gegeneinander ausspielen“

Arbeiterwohlfahrt appelliert an CSU und Freie Wähler, Masterplan gegen Armut im Koalitionsvertrag zu verankern – Wahlkampf vorbei, Zeit reale Probleme anzugehen.

„Immer mehr Menschen sehen dem Monatsende mit Schrecken entgegen. Ihr Einkommen reicht kaum, um das Nötigste für sich und ihre Familien zu finanzieren“, stellen die AWO-Landesvorsitzenden Nicole Schley und Stefan Wolfshörndl fest. „Wir erwarten von der neuen Staatsregierung, dass sie das Problem der Armut im Freistaat erstens klar benennt und zweitens wirkungsvolle Maßnahmen ergreift, um den Betroffenen zu helfen und zu verhindern, dass immer mehr Menschen in prekäre finanzielle Lagen geraten. Der Wahlkampf ist vorbei. CSU und Freie Wähler müssen die realen Probleme der Menschen angehen und sich darauf konzentrieren, was der Freistaat selbst tun kann. Was wir brauchen, ist ein bayerischer Masterplan gegen Armut.“

Im Landtagswahlkampf sei es nur am Rande um Landespolitik und wenig um das Ringen um die besten Lösungen gegangen, erklärt die AWO-Doppelspitze: „Ein Tiefpunkt war aus unserer Sicht der Versuch, Armutsgefährdete gegeneinander auszuspielen. Ganz unabhängig davon, dass es sich um ein bundespolitisches Thema handelt, trifft es nachweislich nicht zu, dass Bürgergeldempfänger*innen mehr Geld in der Familienkasse hätten als Erwerbstätige. Zudem kann es nicht der Ansatz sein, Sozialleistungen, die das Existenzminimum abdecken müssen, an Niedriglöhnen zu orientieren, sondern andersrum wird ein Schuh draus: Die Löhne müssen so hoch sein, dass die Menschen auch davon leben können. Hier könnte der Freistaat mit einem bayerischen Tariftreue- und Vergabegesetz vorweggehen.“

Nachdem die Staatsregierung im letzten bayerischen Sozialbericht vermieden habe, das Wort „Armut“ überhaupt zu benennen und stattdessen konsequent den Begriff „Niedrigeinkommen“ verwendet habe, stimme es ein wenig hoffnungsfroh, dass im CSU-Wahlprogramm der Begriff „Armut“ immerhin viermal auftauche. Die Freien Wähler sprächen in ihrem einmal davon, Kinderarmut vorbeugen zu wollen. „Wir hoffen sehr, dass dies das Ende einer „Vogel-Strauß-Politik“ bedeutet. Denn es verbessert nicht die Lebenssituation und erhöht auch nicht das Vertrauen von Menschen in die Politik, wenn die Verantwortlichen so tun, als wäre Armut im Freistaat nicht existent oder zumindest im Vergleich zu anderen Bundesländern weniger dramatisch.“

Auch darüber hinaus gebe die Lektüre der Wahlprogramme der voraussichtlichen Koalitionsparteien Anlass zu (vorsichtigem) Optimismus. Beide Parteien wollen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen und die Kinder- und Ganztagsbetreuung ausbauen. „Wenn das gelingt, können die Lebenshaltungskosten gesenkt und die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit, insbesondere für Frauen, verbessert werden. Wichtig ist aber, dass es nicht bei bloßen Ankündigungen bleibt, sondern dass die Staatsregierung genug Geld in die Hand nimmt“, unterstreichen Schley und Wolfshörndl. „Positiv werten wir auch das Bekenntnis der CSU zu Bayerns sozialem Netz und die Ankündigung, Tafeln sowie Anlauf- und Beratungsstellen für Menschen in sozialer Not stärken zu wollen. Aber: Wir müssen Armut vor allem strukturell bekämpfen, denn für so ein reiches Land wie Bayern ist es beschämend, dass immer mehr Menschen darauf angewiesen sind, zur Tafel zu gehen.“