Historiker Johannes Lang und Hermann Rumschöttel sind die Autoren – AWO regt umfassende Untersuchung zu allen Kinderkurheimen in Bayern an
Es waren und es sind in erster Linie die ehemaligen Kurkinder selbst, die die Öffentlichkeit auf Missstände in jenen Einrichtungen aufmerksam gemacht haben, in denen sie während der Nachkriegszeit eigentlich kuren und entsprechend einfühlsam umsorgt werden sollten, aber oftmals Traumatisches erlitten haben.
Auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Bayern hat damals Kinderkurheime betrieben und ist in jüngster Zeit Hinweisen von ehemaligen Kurkindern zu fragwürdiger Pädagogik in einem, dem Stauffenhof, nachgegangen, indem sie die Historiker Johannes Lang und Hermann Rumschöttel mit einer wissenschaftlichen Studie beauftragt hat, die nun vorliegt: „Individuelle Leiderfahrung machten Kinder und Jugendliche auch im ,Stauffenhof‘, angefangen bei unstillbarem Heimweh bis hin zum traumatischen Erleben, wobei die persönliche Resilienz offenbar einen entscheidenden Faktor bildete. Die Betrachtung der Einzelfälle lässt indes nicht den Schluss zu, dass es in dem Kinderkurheim systematische Gewalt aus niederen Beweggründen gegen Kinder gegeben habe“, lautet das Fazit Langs und Rumschöttels.
Stefan Wolfshörndl, AWO-Co-Landesvorsitzender, ergänzt: „Die nach dreijähriger Forschung nunmehr vorliegende historische Bestandsaufnahme versteht sich als ein vorläufiger Arbeitsbericht. Die schwierige Quellenlage erlaubt nicht mehr als eine nach bestem Wissen und Gewissen angefertigte Skizze, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Sie gibt Aufschluss darüber, dass es auch im ,Stauffenhof‘ vereinzelt zu Praktiken kam, die in der damaligen Pädagogik zwar verbreitet waren, aus heutiger Perspektive jedoch als problematisch anzusehen sind. Der AWO-Landesverband Bayern bedauert, dass Kinder in einem Heim in seiner Trägerschaft negative Erfahrungen machen mussten, und verurteilt das entsprechende Vorgehen einzelner ehemaliger Mitarbeiter*innen ausdrücklich.“
Darüber hinaus regt die AWO weitere Forschungen an, um ein umfassendes Bild über die Kinderkurheime in Bayern ab 1945 zu erlangen. Wolfshörndl: „Diese sollte unserer Ansicht nach vom Freistaat Bayern analog zur im Jahr 2022 veröffentlichten Studie des Sozialministeriums in NRW in Auftrag gegeben werden. Selbstverständlich steht die AWO-Studie dafür als ein Baustein zur Verfügung.“