Fachtag der AWO-Bayern „Kinder- und Jugendhilfe in Not?“
Landesfachausschuss der AWO in Bayern gibt Positionspapier mit Lösungsansätzen raus.
Fachkräftemangel, Auswirkungen der Corona-Pandemie, wachsende Bedarfe bei Kindern und Jugendlichen, Ausbau der Angebote wie die Ganztagsbetreuung, unzureichende Finanzierung – im Bereich Kinder- und Jugendhilfe kommen aktuell zahlreiche Herausforderungen zusammen. AWO-Co-Landesvorsitzender Stefan Wolfshörndl und AWO-Landesgeschäftsführer Andreas Czerny haben mit Vertreter*innen der bayerischen Landespolitik und der Wissenschaft Lösungsansätze im Rahmen des Fachtags „Kinder- und Jugendhilfe in Not?“ diskutiert. Organisiert hat den Austausch der Landesfachausschuss Kinder, Jugend, Familie des AWO-Landesverbands Bayern.
„Die AWO leistet mit ihren vielfältigen Angeboten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe einen wichtigen Beitrag, junge Menschen bei ihrem Aufwachsen zu begleiten. Qualität mit besonderem Fokus auf sozial Benachteiligte ist der AWO wegen ihrer Werte ein besonderes Anliegen. Auch auf Bundesebene braucht es unterstützende Maßnahmen für die Kinder und Jugendlichen und eine Kindergrundsicherung ohne Abstriche. Was wir aber ebenfalls dringend benötigen, ist verstärkte finanzielle staatliche Unterstützung, aber auch die Zusammenarbeit aller Ebenen – Kommunen, Land, Bund –, um das System zu stabilisieren und die Qualität zu erhalten“, erklärte Wolfshörndl. Czerny ergänzte: „Wir brauchen eine Qualifizierungsoffensive und ausbildungsbegleitende Hilfen.“
Klaus Fröhlich-Gildhoff, Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie an der Evangelischen Hochschule Freiburg, referierte über die Wichtigkeit professionellen pädagogischen Handelns. Voraussetzung dafür sei „gut ausgebildetes, reflektiertes Personal, das passende Rahmenbedingungen vorfindet und nicht im Dauerbelastungszustand arbeitet“. Viele Fachkräfte würden deshalb ihren Beruf aufgeben. Die Rahmenbedingungen müssten verbessert werden, damit sie bis zur Rente gerne bleiben.
Doris Rauscher, SPD-MdL und Vorsitzende des Sozialausschusses im Bayerischen Landtag, sagte im Rahmen einer Podiumsdiskussion: „Wer wie Bayern drei Milliarden Euro in die Raumfahrt investieren kann, kann auch drei Milliarden Euro für die Kinder auf Erden aufbringen.“ Problematisch sei, dass der Freistaat zu wenig Geld in die Qualitätsentwicklung stecke. Ihr Stellvertreter im Sozialausschuss und CSU-MdL Thomas Huber konstatierte „ein Umsetzungs- aber kein Erkenntnisproblem“. In den vergangenen Jahren habe Bayern in Sachen Kita-Ausbau viel erreicht. Fachkräftemangel und Bürokratie hemmten die Entwicklung. Johannes Becher, Mitglied im Sozialausschuss und Bündnis 90/Die Grünen-MdL forderte mehr Investitionen in den U3-Bereich, „hier werden Weichen für das Leben gestellt, vor allem, was Bildungsgerechtigkeit anbelangt“.
Die gesammelten Lösungsansätze der Praktiker*innen aus den AWO-Einrichtungen und Ausbildungsstätten:
- Eine auskömmliche Finanzierung von staatlich anerkannten Fachakademien ist zwingend notwendig, damit die aktuelle Qualität und dafür auch die dringend benötigten Fachkräfte entwickelt werden können.
- Um stabile Teams zu bilden und Abwanderung zu verhindern: Finanzierung von Maßnahmen zur Teamstärkung (Unterstützendes Personal, Fortbildungen, Betriebliche Gesundheitsvorsorge, Teamtage).
- Bayernweite Finanzierung von Familien-Stützpunkten, zur Vernetzung, zur Begleitung der Familien, zur Entlastung der Kitas.
- Stationäre Kinder- und Jugendhilfe: Budgets und Finanzierung von einschlägigen Fortbildungen für das Personal, Zusatzvergütung für bessere Qualifizierung, Fortschreibung „Fachliche Empfehlungen“ des Bayerischen Landesjugendamts, Personalstellen erhöhen.