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„Kein Mensch braucht Hass und Gewalt!“

10. September 2024

„Kein Mensch braucht Hass und Gewalt!“

Demokratie, Menschen mit MigrationsgeschichteBlogbeitrag

Foto: Sina Schweikle

Kabarettist Christian Springer im Interview

Würden Sie bitte kurz erläutern, warum Menschen aus Afghanistan und Syrien direkte Verwandte der Bayer*innen sind?

Die Herkunft der bayerischen Symbole wie Bier, BMW, Zugspitze und Katholizismus ist Teil meines Kabarettprogramms. Und Tatsache ist nun mal, dass unter den römischen Besatzungstruppen 300 Jahre lang syrische Bogenschützen hier waren. Die haben sich mit Sicherheit auch mal verliebt und vermehrt. So hat mancher stolze bayerische Trachtenvereinsvorsitzende womöglich syrische Vorfahren. Ob es ihm passt oder nicht. 

Warum wird Einwanderung dennoch von vielen als Problem und nicht als Bereicherung empfunden?

Das hat zwei Gründe: Erstens wird von vielen Seiten auf Ausländer gehetzt. Die Bedrohung durch das Fremde funktioniert seit Jahrtausenden bestens. In allen Gesellschaften. Und zweitens sind wir überbürokratisiert. Wenn man in unserer überalterten Gesellschaft die Jungen schneller in Arbeit bringen würden, würde Integration endlich funktionieren. Wer selber bissl Geld verdient und mit Arbeitskollegen zammhockt, überlegt sich beim Frühstück nicht, ob er sich radikalisiert. Sondern ob er abends lieber Fußball schaut oder mit Freunden weggeht. 

Auf und jenseits der Bühne positionieren und engagieren Sie sich gegen jede Form von Diskriminierung. Was bewegt Sie dazu?

Seit meinen ersten Kabarettstunden ist für mich Engagement nicht zu Ende, wenn ich von der Bühne gehe. Dann geht’s erst los. Ich denke, es kommt von der Mama. Sie hat immer zu mir gesagt: „Bub, wenn jemand hingfallen ist, dann gehst hin, und hilfst ihm auf.“ Und jeder, der sich schon mal für andere eingesetzt hat, weiß, dass es eine Bereicherung ist. Helfen macht Freude. 

Sie sagen auch: „Das Schweigen, das Nichtstun ist das Gefährliche“. Wie kann sich jede*r von uns entstummen?

Auch ich werde manchmal müde, immer wieder dasselbe zu erzählen: Hört auf, mit dem Rechtsextremen zu liebäugeln. Hört auf mit dem Satz: Man kann ja eh nix machen. Hintern hoch und auf geht’s! Es ist halt unangenehm, den lieben Onkel Heinz beim Kegelabend darauf hinzuweisen, dass er mit seinen Judenwitzen aufhören soll. Aber es muss sein. Genauso wie wir bei Rot an der Ampel stehenbleiben müssen. 

Am Ende eines Ihrer TV-Auftritte sagten Sie in die Kamera: „Und jetzt können Sie wieder Hassbriefe schreiben!“ Bekommen Sie viele und wie gehen Sie damit um?

Ich lese nicht alle Beschimpfungen, die daherkommen. Aber eines ist klar. Diese Leute, die AfD wählen oder in Verschwörungstheorien abdriften, sind keine „Protestbürger“, die uns mal einen Denkzettel verpassen wollen. Die wissen ganz genau, was sie tun. Ja, diese Leute darf es alle geben, aber sie sollen nix zu melden haben in diesem Land. Unsere Kinder müssen mit Demokratie, Vielfalt und Toleranz aufwachsen. Kein Mensch braucht Hass und Gewalt!

Fragen: Alexandra Kournioti

Foto: christianspringer.de

Neues Buch

Aktueller geht’s nicht: „Bayerischer Mob – wie die Gewalt in die Politik einzog“ – das neue Buch von Christian Springer wurde am 30. Mai im Lustspielhaus München vorgestellt.

Mitautorin: Kerstin Schweiger. Ebenso mit Texten dabei Teresa Reichl, Prof. Dr. Michael Sterner, Hans Well, Prof. Dr. Reng, Karl Stankiewitz, und im Interview der leitende Kommissar für polizeilichen Staatsschutz.

Woher der Hass? Warum die ausufernde Gewalt? Mit einem ausführlichen Kapitel über die rassistische Fassung des „l’amour toujours“-Songs.

Erschienen im cs.wort Verlag München – Preis: 19 Euro – 152 Seiten – ISBN: 978-3-9818358-6-1

Buchbestellungs-Email: bestellung.cswort@gmail.com

Zur Person: Christian Springer

Er ist waschechter Münchner und ein Silvesterkind, geboren am 31.12.1964. Neben seinem Leben als Kabarettist hat er die Hilfsorganisation Orienthelfer e.V. gegründet. Und eben ist sein 15. Buch erschienen mit dem Titel „Bayerischer Mob. Wie die Gewalt in die Politik einzog“, über die Angriffe auf Politiker. Er beleuchtet die Hintergründe, mal ernst, mal mit Augenzwinkern.   

Mehr unter https://www.christianspringer.de/